Tamara Berndorfer
Der Tod meines Opfers - Entscheidungen, die dein Leben verändern können
“Wenn ich nur endlich mich wieder wohlfühlen könnte!”
“Wenn ich nur die Nummer 1 sein könnte in meiner Sexualität!”
“Wenn ich nur voll auf Frau sein könnte, frei, selbst bestimmt, drucklos, selbst liebend!”
“Ich will doch nur endlich einfach gut genug sein, wie ich bin – nicht mehr Zuviel oder zu wenig. Einfach nur richtig sein”
Dieser Traum trägt mich seit 17 Jahren. Ich grabe mich meine Sexualität aus der Scheiße des Leben, stelle mich meinen Traumtas, studiere, lerne, bilde mich weiter. Lerne wo ich nur kann – um endlich da zu sein. Endlich dort.
Doch ehrlich gesprochen, tobt es in mich weiter – der Missbrauch ist zwar “geheilt” doch es entstehen immer wieder neue Wunden. Wunden die richtig weh tun. Wunden, die ich mir selbst zuführe. Wo ich mich selbst mi(e)s-handle!
Der Wunsch ich selbst zu sein auf der einen Seite, die Unterdrückung meiner S.xualität auf der anderen Seite.
Der größte Kampf meines Lebens geht in die 2 Runde.
Darf ich lustvoll leben? Ich kann doch keine gute Frau sein, wenn ich mein Kind “umgebracht” habe. Das Wort “Mutter” ist wie ein Messerstich, denn mein Körper ist ja eine Todeszone. Ja genau das Gefühl des Todes quält mich, frisst mich auf und diesem Gefühl setzte ich mich immer wieder aus.
Denn es ist nicht so, dass eine Straft-Tat meinem Kind gegenüber passiert ist – denn ich habe meine Tochter verloren – verloren durch ein Schicksal in der Schwangerschaft.
Aber es gibt eine Straf-Tat, die tatsächlich entsteht und dass immer und immer wieder!
Ich mi(e)s-handle meine Sexualität und diesmal bin ich der Täter und das Opfer zugleich. Die Rolle des Opfers durfte sich bereits einmal zum Überlebenden wandeln – den Weg dorthin kannte ich. Aber der Weg aus der Täterrolle raus war mir neu. Nur die Entscheidung zu treffen “ich bin Mutter und darf dies auch leben” reicht nicht aus. Denn mein Täter-ANTEIL macht weiter, es kommt immer ein ABER!!!!
“Aber du hast doch kein Kind, dass du großziehst! Du hast doch kein Kind, dass du im Arm hältst! Du hast doch keine Berechtigung, dich MUTTER zu nennen. Wieso nennst du dich überhaupt FRAU! Wenn du nicht mal den SINN DES LEBENS erfüllst. Vergewaltigt, geschlagen, verstümmelt, gemobbt, gestalkt – all das reichte nicht aus dass du dich aufgibst.
Und nun bringst du sogar deine Tochter um – du lässt sie sterben und behauptest immer noch du seist eine FRAU – du seist Mutter. Wie kannst du nur! Erst schaffst du es nicht dich selbst umzubringen und überlebst und dann bringst du andere um und lebst immer noch weiter.”
Und ein Teil in mir schreit – LAUT, DEUTLICH und DURCH UND DURCH: “Ich bin es Leid, immer wieder leiden zu müssen um Frau sein zu können. Das will ich nicht LEBEN, nicht so. Nicht auf diese Art und Weise. Wenn ich nur so Frau sein kann, macht es dann Sinn FRAU zu sein?”
Der Tag als ich mein “OPFER” nicht mehr nur laufend verarztet habe, sondern auch tötete, war der Tag als auch mein “TÄTER” starb – denn ich erinnere mich ganz genau, es war der Tag der Beerdigung:
Es war der Tag, als man mich fragte, ob ich Kinder habe, und ich endlich nicht mehr sagen wollte “JA, aber sie lebt nicht mehr” und dann das Mitleid, der anderen zu bekommen und mich rechtfertigen, wieso es mir dennoch gut geht heute!
Aber um die Frau zu zeigen, die ich bin, wird mir klar muss ich mich auch von einem Verabschieden – und zwar von meinem Opferdenken meiner Tochter gegenüber – von dem dass ich meine Mutter-Rolle “ermorden” will.
Und es wird mir klar, es geht hier um Leben und Tod.
Um Gefängnis oder Befreiung. Und in diesem Moment entscheide ich mich dazu beide zu Grabe zu tragen.
Das OPFER und auch den TÄTER. Beide dürfen gehen.
Denn ICH BIN DIE FRAU
mit den Narben, die die Geschichten der Misshandlung erzählen,
mit den Falten, die die Lebensfreude erzählen,
mit den Bonus-Kilos, die manche abstoßend finden mögen,
mit den Dehnungsstreifen, durch die Schwangerschaft,
mit den Tränen, die noch immer meine Augen zum Glänzen bringen,
mit der Liebe für mich, für meine Weiblichkeit, für meine Sexualität
die weiß dass sie viel erlebt hat und dies auch nach Außen zeigen darf
und mit noch so viel mehr!
Mit all dem – warum ich heute hier bin!
Und heute helfe ich Menschen, sich in ihrem Körper wohlzufühlen, ihre Sexualität zu leben – kurz um in IHREM SEIN wohlzufühlen.
Denn die Welt braucht DICH, MICH, UNS in unserer Stärke.